“Die geheimste Erinnerung der Menschheit” von Mohamed Mbougar SARR

Bewertung: 3.5 von 5.

Der viel gelobte und preisgekrönte Roman des senegalesischen Autors kann zweifellos als ein gewichtiges Werk beschrieben werden: Dafür spricht sein Umfang (engbedruckte 450 Seiten), aber insbesondere die Sprachgewalt und die Leidenschaftlichkeit seines Stils.

Thematisch geht es um afrikanische Literatur im französischen Exil, noch allgemeiner um die Suche nach Wurzeln und Identität zwischen europäischer Intellektualität und ursprünglichen heimatlicher Prägungen.

Der Autor konstruiert eine tragende Rahmenhandlung, in die er alle Aspekte seiner Betrachtungen einbettet. Sie handelt – welche Überraschung – wiederum von einem senegalesischen Schriftsteller, dessen Erstlingswerk einiges literarisches Aufsehen erregt hat, dann aber wegen Plagiatsvorwürfen in Verruf und später in Vergessenheit geraten ist. Auch die Spur des Autors verliert sich im Nichts.
Der Ich-Erzähler, ein junger Schriftsteller (der Dritte im Bunde) kommt Jahrzehnte später mit dem verschwundenen Buch in Berührung und schildert ausführlich seine Erlebnisse bei dem Versuch, die ominöse und wechselhafte Geschichte von Roman und Autor aufzuklären. Nach und nach lernt er dabei die wichtigsten Bezugspersonen des Verschollenen kennen, so dass sich letztlich die verschiedenen Puzzlestücke zu einer Art Gesamtbild zusammensetzen.

Der Roman handelt zwar von diesem Plot, er lebt aber von der Vielfalt, der Intensität und der kompromisslosen Direktheit, mit denen der Alltag, das Fühlen, die Begegnungen, die Sexualität und die Selbstreflexionen der beteiligten Personen in einer manchmal atemberaubenden sprachlicher Wucht dargestellt wird.
Der unangefochtene Star bleibt dabei die Literatur selbst! Ihre Möglichkeiten und Grenzen, insbesondere im Kontext der Verbindung, der Abgrenzung, des Konfliktes zweier Kulturen wird mit einer Inbrunst diskutiert, die ihresgleichen sucht.

Wenn auch die begeisterten Kritiker-Stimmen ein eindeutiges Bild erzeugen: Der Roman ist keine einfach Lektüre; er will erobert werden. Wer sich auf diesen Feldzug einlässt, sollte Neugier, Ausdauer und Toleranz mitbringen.
Ohne ein ausgeprägtes Interesse an Bikulturalität und der Kunstform Literatur, ohne die Bereitschaft, sich auf ungewohnte, exzessive und gelegentlich auch verstörende Erfahrungen bzw. Schilderungen einzulassen, könnte auf potentielle Leser/innen durchaus eine Überforderungserfahrung warten.

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