
Der Historiker, Philosoph und Germanist REH hat ein Zukunftsszenario verfasst, in der sich in einer digitalen Dystopie Familienbande unlösbar mit einem inhumanen Gesellschafts- und Wirtschaftssystem verstricken.
Es beginnt in scheinbar noch teilweise geordneten Verhältnissen: Zwar hat sich in Berlin-Tempelhof ein US-Konzern einen abgeschotteten Lebensmittel-Konzern nach eigenen Gesetzen geschaffen – aber es gibt ja noch einen Senat mit (theoretischen) Befugnissen und Kontrollfunktionen.
Die Protagonistin Malu bekommt am Ende einer mittleren Bürokraten-Karriere den Auftrag, offensichtliche Unregelmäßigkeiten in der der fremden Welt zu untersuchen. Schnell wird klar, dass sie damit angesichts der wahren Machtverhältnisse und dem Konflikt zwischen gleich mehreren internationalen Playern nur scheitern kann.
Entscheidend verkompliziert wird die Angelegenheit durch die mehr als schwierige Familiensituation von Malu: Der Sohn Konrad wird eines sexuellen Übergriffes bezichtigt, die seit Jahren “verlorene” Tochter Golda mischt ganz offensichtlich in dem ominösen Biotopia-System an führender Stelle mit.
Als wenn das nicht alles schon spektakulär genug wäre, ist die gesamte Gesellschaft unter der Kontrolle des allwissenden und allmächtigen Supercomputers “Watson”. Das nicht weniger durchsetzungsfähige Gegenstück bei Biotopia wird “Mutter” genannt.
Was dann seinen Lauf nimmt, ist eine Mischung von Familiendrama, industriellem Gangstertum, Orwellschem Überwachungsstaat und alternativ-kämpferischer Rebellenromantik. Malu, ihre Ex-Partner und ihre Kinder sind irgendwie immer beteiligt.
Die Form und Intensität der Auseinandersetzung mit den technisch hochgerüsteten und menschenverachtenden Feinden nimmt immer skurrilere Züge an, denen eine nachvollziehbare Logik kaum mehr abzugewinnen ist.
Irgendwie löst sich alles auf…
Natürlich spricht nichts dagegen, mithilfe von dystopischen Zukunftsszenarien auf drohende Gefahren einer nachdemokratischen KI-Diktatur hinzuweisen. Es ist auch durchaus anregend, am Beispiel der hochtechnisierten “Vertikalen Stadtfarm” den möglichen Missbrauch von und Verrat an ursprünglich von Idealismus getragenen neuen Wirtschaftsmodellen durchzuspielen.
Fraglich ist allerdings, ob dies alles in diesem irritierenden Ausmaß von privaten Konflikten und kommerziellen Machtspielen durchdrungen und überlagert werden muss. Es wirkt alles ziemlich überfrachtet; es ist von allem einfach zu viel.
Vermutlich ist das vom Autor so gewollt und als Stilmittel ein Teil seiner Botschaft. Doch wenn er eine Mission hatte, so hat diese ziemlich sicher auch unter dem überbordenden Plot gelitten.
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