
Was für eine Dröhnung!
Der Krönungs-Parteitag der Demokraten hat ein Amerika zelebriert, das an Intensität, Emotionalität und Selbstvergewisserung kaum noch zu übertreffen ist.
Ja, ich habe tatsächlich alle relevanten Reden in voller Länge gesehen. Es waren mindestens zehn perfekt inszenierte Auftritte vor einer zuverlässig euphorischen Menschenmenge – ausgestattet mit einem Meer an jeweils passenden Schildern.
Warum? Ich konnte mich dem Zauber dieser einladenden Botschaften und der darin enthaltenen positiven, zukunftsbezogenen und menschenfreundlichen Grundeinstellungen einfach nicht entziehen. Ehrlich gesagt: Ich konnte nicht genug davon bekommen!
Wie kann es sein, dass ein durchaus amerikakritischer Mensch, der üblicherweise auf den typischen Überschwang-Patriotismus der Amis eher mit Skepsis und Kopfschütteln reagiert, sich so weitgehend einer professionell choreografierten Polit-Show ausliefert?
Nun: Ein Grund war wohl dieser so total wohltuende Kontrast zu den toxischen Anfeindungen eines Donald Trump. Es ist wirklich gut gelungen, dem Lügen- und Hassbaron ein positives und solidarisches Welt- und Menschenbild entgegenzusetzen.
Ja, es war alles ziemlich dick aufgetragen, mit einer ordentlichen Schicht Kitsch obendrauf: die Liebe zur besten aller Nationen, die selbstlose Bereitschaft, dem Land und allen Menschen zu dienen, die Glorifizierung von Familie, Nachbarschaft und Armee. Kein Platz für Selbstzweifel oder Selbstkritik.
Aber die Themen und Werte waren ja trotzdem sympathisch und humanistisch: Es ging viel um Würde, um Charakter, um Respekt, um Empathie und Gemeinschaft. Daran ist erstmal nichts verkehrt!
Doch die emotionale Wirkung dieser extremen Wohlfühl-Dosis lässt sich wohl nur erklären, wenn man den Kontrast der bundesrepublikanischen Wirklichkeit des Sommers 2024 dagegenhält: Was würde man darum geben, wenn nur ein Bruchteil dieser optimistischen und energiegeladenen Aufbruchstimmung in unserem Lande zu spüren wäre! Wie erholsam und hoffnungsvoll wäre es, wenn es eine vergleichbar große Bewegung mit einem zukunftsbezogenen Ziel gäbe?
Ich habe einen Impuls gespürt, doch am liebsten jetzt in den enthusiastischen Wahlkampf der USA einzusteigen – statt darauf hier in Deutschland sorgenvoll darauf zu hoffen, dass uns das Schlimmste irgendwie erspart bleibt.
Es ist ein Trauerspiel, dass wir die positiven Visionen so ziemlich verloren haben. Und es ist nur schwer auszuhalten, dass dafür in erster Linie die kleinste (aber durchsetzungsfähigste) Ampelpartei die Verantwortung trägt.
Vielleicht schwappen ja – ausgelöst durch einen möglichst klaren Sieg über Trump -ermutigende Vibrations über den Atlantik und erreichen sogar unser frustriertes und demotiviertes Land.
Meine Zuversicht zielt jedenfalls im Moment eher auf die Entwicklungen in Amerika als auf ein Wunder bei uns.