
Es muss schon einiges passieren, bevor ich mich einem 50 Jahre alten Sachbuch zuwende.
In diesem Falle ist dieser Umstand schnell erklärt: Es geht um das wahrlich zeitlose Thema “Logik”. Hier kommt es ganz sicher nicht auf die Aktualität an, sondern auf die didaktischen Kompetenzen bei der Darstellung. Und auf das Preis-/Leistungsverhältnis – das bei einem Reclam-Büchlein fast immer unübertreffbar ist.
Auf fast 300 Seiten breitet der amerikanische Philosoph und Wissenschaftstheoretiker die Grundzüge der Logik aus. Damit bewegt er sich in einer Range, die zwischen einer oberflächlichen Schnupper-Einführung und einem wissenschaftlichen Lehrbuch liegt; er spricht also ernsthaft interessierte Laien an, die sich nicht gleich für Wochen von der realen Welt verabschieden wollen.
In der Regel macht man sich über die Disziplin der Logik nicht viel Gedanken: Man findet logisches Denken und Argumentieren wichtig, weiß ein wenig um ihren Zusammenhang mit Mathematik und Sprache – und wäre doch vermutlich schnell überfordert, wenn man aus dem Stehgreif mal ein fünfminütigen Logik-Vortrag halten müsste.
Logik ist irgendwie immer dabei, und doch nie so richtig präsent.
Genau das verändert SALMON mit seinem Buch. Schnell wird den Lesenden klar, wie die Grundprinzipien der Logik unser Denken, unsere Alltagssprache, unsere Diskussionen und speziell den Bereich der Wissenschaft geradezu pausenlos durchdringen.
SALMON macht die Regeln, die dabei meist implizit angewendet werden, explizit. Man könnte auch sagen: Er seziert mit analytischer Sorgfalt die formalen Strukturen, die hinter Prämissen, Behauptungen, Begründungen und Schlussfolgerungen jeglicher Art stecken. Dazu befreit er abgeleitete Schlussfolgerungen von ihrem Inhalt und macht deutlich, dass sich ihre Richtigkeit allein aus der korrekten Anwendung formaler Regeln ergibt. Und weil man von dem Inhalt abstrahieren kann, lassen sich logische Regeln auch – ähnlich wie die Mathematik – in Formeln darstellen.
Konsequent weiterverfolgt ergeben sich so recht komplexe Beweise, Wahrheitstafeln und Diagramme.
Nach einer kurzen allgemeinen Einführung teilt sich der Text in die beiden Teilbereiche “Deduktion” (wo sich die Gültigkeit der Schlussfolgerungen sicher aus der Wahrheit der Prämissen ableiten lässt) und “Induktion” (wo nur nur Wahrscheinlichkeits-Aussagen gemacht werden können). Aus den Prämissen “Jedes Säugetier hat ein Herz” und “Alle Pferde sind Säugetiere” lässt sich deduktiv schließen, dass jedes Pferd ein Herz hat.
Aus der Prämisse “Jedes bisher beobachtbare Pferd hatte ein Herz” lässt sich induktiv schließen, dass jedes Pferd ein Herz hat. Im zweiten Falle geht es also vor allem um den Umgang mit wissenschaftlichen Hypothesen.
Natürlich bleibt es nicht bei solch übersichtlichen Aussagge-Strukturen. Dem Autor gelingt es aber trotzdem in vorbildlicher Weise, sowohl im Bereich des “gesunden Menschenverstandes” verhaftet zu bleiben (durch den konsequenten Einsatz von Alltagsbeispielen), als auch die grauen Zellen ordentlich zum Glühen zu bringen.
Man muss sich beim Lesen dieses Buches tatsächlich irgendwann entscheiden: Geht es um Orientierung und einen vertieften Eindruck oder will man wirklich einsteigen und jede Aussage bzw. Formel gedanklich durchdringen. Im zweiten Falle wird der sympathisch locker geschriebene Text sehr schnell zu eine. herausfordernden Arbeitslektüre.
Das Schöne ist: Beide Wege schaffen eine lohnendes Leseerlebnis; man kann auch sehr gut zunächst den ersten Weg wählen, um dann zu entscheiden, ob man die harte Tour braucht bzw. möchte.
In einem letzten, kürzeren Kapitel widmet sich SALMON der (engen) Verbindung zwischen Sprache und Logik. Wir erfahren etwas über “Objektsprache” und “Metasprache”, den unterschiedlichen Charakter von “Definitionen” und “analytische”, “synthetische” und “kontradiktorische” Aussagen.
Diesem Kapitel merkt man an, dass es eher als eine (notwendig erachtete) Ergänzung des Hauptteiles dient; dem Anspruch eines eigenständigen und abgerundeten Themenbereich kann es nicht gerecht werden.
Insgesamt legt der Logiker SALMON ein sehr logisch aufgebautes Buch über Logik vor – wer wollte da meckern?!