“Philosophie für alle” von Christian TIELMANN

Bewertung: 3.5 von 5.

Dieses Buch wurde unter dem Titel “Meilensteine der Philosophie” schon im Jahr 2009 erstmals veröffentlicht. Für die Inhalte dieser Publikation spielt Aktualität allerdings keine Rolle.

Die Konzeption dieser Heranführung an den wuchtigen Gegenstand “Philosophie” lässt sich wie folgt beschreiben:
In 20 Kapiteln werden 18 große Denker (es sind alles Männer) aus der gesamten (abendländischen) Philosophiegeschichte vorgestellt. Zwei weitere Kapitel widmen sich einer Thematik: dem sog, Universalienstreit und der Willensfreiheit.
In diesen Texten wird weitgehend darauf verzichtet, eine zusammenfassende Darstellung bzw. Bewertung der jeweiligen Denkschule zu präsentieren. Was ebenfalls entfällt, sind Hinweise auf Bezüge und Querverbindungen zwischen den Kapiteln oder eine Einordnung hinsichtlich der übergreifenden Grundfragen der Philosophie. TIELMANN legt auch keinen Fokus darauf, die vorgestellten Denker und ihre Theorien in einen zeitgeschichtlichen Bezug zu stellen.
Was bekommt man stattdessen?
Der Autor konzentriert sich darauf, einen exemplarischen Teilaspekt der jeweiligen Lehre herauszugreifen und ihn einer Feinanalyse zu unterziehen. Dabei “übersetzt” und hinterfragt TIELMANN die Vorannahmen, die Klarheit von Definitionen, die Stichhaltigkeit von Argumenten und Widerspruchsfreiheit von Schlussfolgerungen. Er führt also vor, wie einzelne philosophische Aussagen geradezu mikroskopisch seziert werden können.
Dabei hält sich der Autor mit seinen eigenen fachlichen Bewertungen nicht zurück, zeigt also auch, dass Philosophie keine streng objektive Wissenschaft sein kann.

Da sich das Buch an philosophische Anfänger richtet, irritiert gelegentlich die Auswahl der betrachteten Aspekte. Zwar liegt es nahe, dass Platons Ideenlehre und Aristoteles Ausführungen zum glücklichen Leben zum Thema werden; dass TIELMANN sich allerdings ausgerechnet die Musiktheorie von Adorno vornimmt oder sich damit beschäftigt, wie Foucault “Autorenschaft” definiert, macht ein wenig ratlos.
Mit dem Abschlusskapitel über “Willensfreiheit” begibt sich der Autor in einen interdisziplinären Bereich und versucht sich an der philosophischen Bewertung neurowissenschaftlicher Experimente und Theorien (u.a. von Singer und Roth). Hier wirkt seine Schlussfolgerung – die erwartungsgemäß zugunsten der Willensfreiheit ausfällt – doch ein wenig oberflächlich und subjektiv; so wird z.B. die Frage der psychologischen Determiniertheit kaum gestreift.

Insgesamt präsentiert TIELMANN eine Einführung in die Philosophie, die eine nachvollziehbare Auswahl prägender Denker vorstellt und einen praktischen Einblick in die Methode der Text- und Theorieanalyse verschafft. Es gelingt ihm immer wieder, Begrifflichkeiten und Konzepte aufzuschlüsseln und zu hinterfragen und so einen vertieften Einblick in die Denk- und Argumentationsstrukturen zu geben. So sammeln sich Mosaiksteinchen, die eine grobe Idee davon vermitteln, was Philosophie inhaltlich und methodisch ausmacht.
Man sollte aber als Leser/in nicht erwarten, dass sich aus diesen Einzelstücken ein gut erkennbares Gesamtbild ergibt: Dafür fehlt es an Passungen und Verbindungen zwischen den Elementen. Auch muss man bei dieser Betrachtungsweise in kauf nehmen, dass keine Einbettung in kulturelle, wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen erfolgt.

So kann zwar “Philosophie für alle” einen sinnvollen Beitrag zur Annäherung an dieses Menschheitsthema leisten, sollte aber um Quellen ergänzt werden, die weniger episodenhaft und exemplarisch, sondern eher verbindend und strukturiert vorgehen.

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