“Alexander von Humboldt” von Andrea WULF

Dieses Buch verführt zu Superlativen.
Das liegt an dem Thema – es geht um eine sehr herausragende Person – und an der literarischen Umsetzung – die wirklich sehr beeindruckend ist.

Normalerweise ist mein Interesse am Leben und an dem Schaffen einer einzelnen geschichtlichen Person nicht so groß, dass es mich zum Lesen einer so umfangreichen und detaillierten Darstellung motiviert. Dieses Buch bildet also eine Ausnahme und ich bin geradezu dankbar dafür, der Empfehlung (meines Schwagers) gefolgt zu sein.

Nach dem Lesen dieser Biografie habe ich das tolle Gefühl, einem der wohl facettenreichsten und zeitgeschichtlich bedeutsamsten Wissenschaftler und Naturforscher wirklich näher gekommen zu sein und Zugang zu seinen grundlegenden und bahnbrechenden Erkenntnissen und Einsichten zu haben.

Man kann nur absolut (Superlative!) beeindruckt sein von einer Persönlichkeit, bei der sich ein geradezu übermenschlicher Tatendrang mit einer universalistischen Begabung und einem so fortschrittlichen Welt- und Menschenbild vereint. Es ist wirklich kaum zu glauben!

Natürlich wiederholen sich auf über 400 Seiten bestimmte Aspekte der Darstellung von Humboldts Eigenschaften und Erkenntnissen. Für mich war das aber an keiner Stelle störend. Einerseits, weil nur in der Wiederholung der Umfang und die Bedeutung seines Lebenswerkes überhaupt fassbar werden kann. Andererseits gelingt es der Autorin auch, nicht nur eine chronologische Abfolge zu vermitteln sondern auch immer neue inhaltliche Schwerpunkte und zeitgeschichtliche Bezüge auf anregende Weise zu vermitteln.

Egal ob der Bezugspunkt in der wissenschaftliche Neugier, im abenteuerlichen Entdeckertrieb, in der intellektuellen Genialität, in der leidenschaftlichen Grenzenlosigkeit, im ganzheitlichen Blick auf die Natur, im ökologischen Bewusstsein oder in den humanistischen Überzeugungen liegt – eine Beschäftigung mit diesem Mann und diesem Buch ist absolut gewinnbringend!

“Helix: Sie werden uns ersetzen” von Marc ELSBERG

Während Autoren wie HARARI, LESCH oder AL GORE uns  mit ihren faktenreichen Sachbüchern auf die großen Entwicklungstrends der nächsten Dekaden einstimmen, nutzen andere den Weg über die eher leichte Lektüre: Sie spinnen rund um das Thema eine mehr oder weniger spannende Handlung und schaffen so die Möglichkeit, Aktualität und Wissensvermittlung mit Unterhaltung zu verbinden.

Neben dem ebenfalls hier besprochenen “Mirror” trifft dieser Anspruch auch dieses Buch von Elsberg zu. Es geht dabei hier um die Zukunftsvisionen der Humangenetik am Beispiel der Designer-Babys.

Ich will gar nichts über die Geschichte selbst sagen und mich auf eine zusammenfassende Bewertung konzentrieren:
Sicher hätte man auf die ein oder andere spektakuläre Effekthascherei verzichten können und so dem Text ein wenig mehr Seriosität verschaffen können. Wenn man aber darüber milde hinweg sieht, schafft es “Helix” m. E. sehr gut, sowohl an die sich abzeichnenden Potentiale der Genmanipulation heranzuführen als auch die anstehenden Grundsatzfragen sehr plastisch zu veranschaulichen.
Im Vergleich zum “Mirror” wird hier der Blick ein wenig weiter und spekulativer in die Zukunft geworfen: dies stellt aber die Relevanz der angeschnittenen Themen nicht in Frage.
Meine Meinungsbildung in dieser Frage ist jedenfalls durch die Lektüre sicher differenzierter geworden.

Wer sich vor Übertreibungen und gewissen Plausibilitätsdefiziten nicht fürchtet, bekommt hier eine anregende Lektüre (auch wenn es manchmal des Guten etwas zu viel erscheint).

“Das Labyrinth der Lichter” von Carlos Ruiz ZAFÓN

Man muss schon etwas Mut aufbringen, um sich kritisch mit einem Buch dieses gefeierten Schriftstellers auseinanderzusetzen. Er hat sich in den letzten Jahren als DER Autor für das Thema “Barcelona im Spanischen Bürgerkrieg” etabliert.
Auch für sein neues Buch hagelt es euphorische Rezensionen. (4,5 von 5 Sternen bei Audible).

Um es kurz zu sagen: Ich fand das Buch so schlecht, dass ich nach der Mitte abgebrochen habe.

Das lag nicht daran, dass ich den Schreibstil oder das Thema nicht wertschätzen kann; ich habe frühere Bücher durchaus mit Gewinn gelesen.

Das aktuelle Buch hat mich aus zwei Gründen geärgert:
Es enthält für meinen Geschmack ein Übermaß an Schilderungen von sadistischer Brutalität. Und zwar in einer Detailbesessenheit, die sicher nicht als literarisches Mittel benötigt wird, um einen realistischen Eindruck von der historischen Situation zu verschaffen.
Darüber hinaus wird extrem viel Mühe darauf verwandt, zwischen den Hauptpersonen ein komplexes System von Verbindungen, Abhängigkeiten und Intrigen zu spinnen. Dabei entstand für mich irgendwann der Eindruck, dass es weniger um eine spannende Handlung oder die Vermittlung von zeitgeschichtlichen Einblicken geht, sondern die “kunstvolle” Konstruktion dieser Verstrickungen sozusagen zum Selbstzweck des Buches geworden ist.
Dies wird spätestens an der Stelle deutlich, an der dem Autor offenbar gar nichts anderes übrig bleibt, als dieses System einmal im Zusammenhang  – eingewoben in einen Dialog – systematisch auseinanderzuklamüsern.
Bei mir entstand der Eindruck: Es ist einfach zuviel des Guten; die Qualität eines Buches bemisst sich nicht an der Raffinesse des Beziehungs-Plots.

Schade – ich kann jedenfalls nur abraten!

“Mirror” von Karl OLSBERG

In dem Roman (etwas Krimi, etwas Science Fiction) geht es um die potentiellen Risiken, die mit der technischen Weiterentwicklung des Smartphones und der sozialen Netzwerke verbunden sein könnten. Die Geschichte ist dabei der Gegenwart nur um einige Jahre – keineswegs Jahrzehnte – voraus.

Das Buch bietet eine unterhaltsame Möglichkeit, sich mit den digitalen Zukunfts-Szenarien auf eine leichte und unangestrengte Art auseinanderzusetzen. Es ist weder vom Inhalt noch vom Schreibstil anspruchsvoll und durchaus auch für ältere Jugendliche schon zu empfehlen (zumal ein junges Paar zu den Hauptpersonen gehört).
Eine nette Urlaubslektüre für Leute, die sich auch in der Freizeit gerne mit aktuellen Trends und Fragen auseinandersetzen.

Wer so etwas ähnliches für das Thema Genmanipulation sucht, ist hier gut bedient.