Der neu PRECHT/LANZ-Podcast

Da legen zwei der bekanntesten Medien-Stars aus den Bereichen Journalistik bzw. angewandter Philosophie kurz vor der Bundestagswahl ein neues Podcast-Format auf. Der GRÜN-engagierte Hörer fragt sich natürlich: Was wird die Botschaft sein? Werden diese beiden intellektuellen Lichtgestalten ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wohl gerecht?

Man spricht lange über Afghanistan, über die Feigheit der Parteien vor dem Wähler, über die Bewertung der Merkel-Ära, über die Fehler bei der Kandidaten-Kür und insgesamt über die Unfähigkeit von Politik und Gesellschaft, sich den wirklich großen Zukunftsfragen ehrlich und mutig zu stellen.
Dabei steht eine Botschaft – sozusagen auf der Meta-Ebene – über allem: Hier sprechen zwei Typen, die es besser wissen! Die sich auskennen, Dinge durchdacht haben, ganz viele wichtige Leute kennen, die Märchenerzählungen fürs einfache Volk entlarven und sich kompromisslos der Wirklichkeit stellen!
Super Jungs, ihr seid die Größten!

Es muss toll sein, sich so zu fühlen. Und irgendwie stimmt ja auch (ziemlich) alles.
Nur eine kleines Gefühl der Unstimmigkeit schleicht sich ein:
Ist es vielleicht doch irgendwie einfacher (und bequemer), aus einer Beobachterperspektive die Zusammenhänge zu analysieren – ohne sich der Mühe zu unterziehen, aus Einsichten eine konkrete Politik zumachen, die in einer konkreten Gesellschaft zu einem konkreten Zeitpunkt zu realer Zustimmung führt?

Ich kann sie nur schwer ertragen, diese pauschale Schelte über alle Programme und alle Kandidaten. Wenn man nur weit genug in der Idealwelt sitzt, verschwimmen wohl auch die Unterschiede zwischen GRÜN, SCHWARZ und ROT.
Aber in der Realpolitik, in dieser Wahl, kommt es auf die Unterschiede an. Dann macht es eben Sinn, die Richtung im Auge zu haben und nicht nur das Endziel.

Es ist nichts einzuwenden gegen das “Weiterdenken”; wir brauchen Ideen, Konzepte und Utopien, die über das Tagesgeschäft hinaus reichen. Ich bin froh, dass es PRECHT gibt.
Aber seine Haltung gegenüber dem Versuch, (gemäßigt) GRÜNE Politik mehrheitsfähig zu machen, ist in dieser Situation (drei Wochen vor einer wichtigen Wahl) dumm und verantwortungslos. Es fühlt sich wie Profilierung als Selbstzweck an.

Schade, PRECHT und LANZ; von euch wäre mehr zu erwarten gewesen.

Steuer-Stasi?

Es macht sich zunehmend eine besondere Form der Definition von Freiheit breit, die folgende Idee zur Grundlage hat:
“Es gibt zwar (notgedrungen) juristische Regeln, die Gesellschaft soll aber nicht allzu viel Mühe darauf verwenden, deren Einhaltung zu überprüfen.”
Da “Freiheit” mit “Freiheit zur sanktionsfreien Regelüberschreitung” verwechselt wird, regen sich Leute z.B. über Radarfallen, regelmäßige Steuerprüfungen und über Pläne auf, Höchstbeträge für den Einsatz von Bargeld einzuführen (weil Deutschland nämlich eine Oase für internationale Geldwäsche ist).

Da wundert es nicht, dass der Versuch, dem Riesenproblem der (eindeutig asozialen) Steuerhinterziehung auch auf digitalem Wege etwas entgegenzusetzen, hemmungslos diffamiert und skandalisiert wird.
Da schreien einerseits alle Leute nach der “digitalen Verwaltung”, eine Online-Meldestelle für (auch anonyme) Hinweise auf Steuerhinterziehung wird fix zu einer Blockwart-Institution erklärt.

Ich begrüße jede Initiative, die dem (meist sehr kompetent gestalteten) Betrug am Gemeinwesen etwas entgegensetzt. Der GRÜNE Finanzminister aus Baden-Württemberg (Danyal Bayaz) verdient jeden Respekt!

“Das Links-Gespenst”

Es war ja erwartbar und unvermeidlich, dass es irgendwann von der Kette gelassen würde: das Gespenst des dramatischen Links-Rucks – ausgelöst durch eine drohende Regierungsbeteiligung der LINKEN an einer GRÜN/SPD-geführten Regierungskoalition.
Nun wird es also von UNION und FDP mit viel Tamtam durch die Medien gejagt, mit dem Ziel, von eigenen Schwächen und all den Themen abzulenken, bei denen es an eigenen tragfähigen und zukunftsbezogenen Konzepten mangelt.

Warum – so fragen sich viele – machen die GRÜNEN (oder die SPD) nicht einfach das Licht an und verwandeln so das Gespenst in eine hilflose und nackte Witzfigur? Der Schalter dafür wäre das explizite Ausschließen einer Zusammenarbeit nach der Wahl.
Der zusätzliche Vorteil könnte sein, dass sich möglicherweise einige Links-Sympathisanten doch noch umschwenken, wenn sie sicher sein könnten, dass eine Links-Stimme letztlich nichts Konkretes bewirken könnte.

Was spricht eigentlich dafür, sich diese Option (GRÜN/ROT/ROT) doch noch einen Spaltbreit offen zu lassen?

Hinsichtlich der Programmatik gibt es schlichtweg nicht zu übersehende Schnittmengen zwischen den drei Parteien, inzwischen nicht nur in der Sozialpolitik, sondern auch in der Klima-Frage (selbst wenn dahinter vielleicht mehr Taktik als echte ökologische Überzeugung stehen sollte). Es ist grundsätzlich nicht abwegig, dort nach Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu suchen, wo sie sich inhaltlich ganz offensichtlich bietet.

Dem kann man entgegenhalten, dass in einigen – gerade für die Bundespolitik bedeutsamen – Bereichen die Positionen der LINKEN als “unannehmbar” eingeschätzt wird. Hier geht es um NATO, Auslandseinsätze, eine gewisse DDR-Nostalgie und eine deutliche Affinität in Richtung Putin. Einräumen muss man dabei, dass die LINKE hinsichtlich ihrer Skepsis bzgl. militärischer Interventionen gerade einen Punkt machen konnte (Afghanistan); was bleibt ist aber ihre prinzipiell dogmatische Haltung an diesem Punkt (wobei die Enthaltung beim Rückholungs-Einsatz aus Sicht der Betonfraktion vermutlich schon eine Nachgiebigkeit war).

Wiederholt wurde (z.B. von Baerbock und Scholz) gesagt, dass man im Bund nicht mit einer Partei koalieren könne, die sich nicht zur NATO bekenne; gleichzeitig verweigert die LINKE ganz explizit dieses Bekenntnis. Wo bleibt da Spielraum?
Rein formal kommt es letztlich auf die Koalitionsvereinbarung an: Keine Partei (erst recht nicht eine sehr kleine) kann schließlich alle ihre Vorstellungen in einen solchen Vertrag einbringen. Daraus ergibt sich die Frage: Kann und darf man mit einer Partei koalieren, die in ihrem Programm “toxische” Forderungen hat, diese aber nicht in die gemeinsam vereinbarte politische Agenda eingehen?
Ich könnte darauf kaum eine andere Antwort geben als “ja”.
Genau deshalb ist es eben kein “Herumgeeiere”, wenn z.B. Baerbock sagt: “Nach Stand heute wäre eine Koalition nicht vorstellbar”, weil es die (vielleicht eher unwahrscheinliche) Möglichkeit offen lässt, dass letztlich ganz konkret eine gemeinsame Linie ausgehandelt werden könnte.
(Verhandlungstaktisch – z.B. gegenüber der FDP – wäre es ein zusätzlicher Vorteile, wenn es rein theoretisch noch eine andere Koalitionsoption geben könnte).

Das alles finde ich nicht wünschenswert! Meine erhoffte Regierung heißt GRÜN/ROT (zur Not auch ROT/GRÜN oder – zähneknirschend – GRÜN/SCHWARZ). Weder die FDP noch die LINKEN sollten wegen mir die Gelegenheit bekommen, Einfluss auf die Politik der nächsten Jahre zu nehmen.
Aber eine Sache treibt mich um:
Wenn der Klimafrage und der (sozial abgefederten) Nachhaltigkeits-Wende wirklich die Priorität bekommen sollen, die sie verdienen, dann wäre es tragisch und wirklich unentschuldbar, wenn eine irrationale Panik vor dem LINKS-Gespenst gutmeinende Menschen in die Arme der Bremser und Zauderer treiben würde (die im Zweifelsfall zuerst den wirtschaftlichen Interessen ihrer Klientel verpflichtet sind).
Wir sollten daher die Kirche im Dorf lassen und uns nicht einreden lassen (und das wird wirklich versucht!), dass die LINKE (mit ca. 7% Stimmanteil) die GRÜNEN und die SPD in ein sozialistisches (oder sonstwie radikales) Regierungsprogramm zwingen könnte. Das ist billigste Propaganda, die eigentlich nur im AfD-Lager verfangen sollte!

Zum Schluss nochmal im Klartext:
Wenn es wirklich gelingen sollte, die LINKEN so in ein Regierungsbündnis einzupflegen, dass ein Maximum an GRÜNER Politik dabei herauskommt (bei gleichzeitiger Vermeidung aller “toxischen” Inhalte), dann wäre das nicht nur kein Weltuntergang, sondern eine verantwortbare Option.
Sollten solche Verhandlungen (was wahrscheinlich ist) scheitern, dann führt das hoffentlich dazu, dass die Regierungsunfähigkeit der LINKEN dann auch für alle deutlich wird.

Habeck und Söder

Auf einer privaten Medienplattform (unter Führung des SPIEGEL) wurde am Tag vor dem ersten offiziellen Kandidaten-Dreier “Die einzig wahre Wahlkampfdebatte” angeboten: Ein Duell der unterlegenen Konkurrenten von Baerbock und Laschet, die von den meisten Beobachtern und auch in Umfragen als die jeweils bessere Alternative betrachtet werden.

Bei dieser Gemengelage hätte einiges schief gehen können!
Doch ist hier den Moderatoren und den beiden Polit-Profis ein eindeutiges Kompliment auszusprechen: Es gab keine Spur von Seitenhieben oder Selbstbeweihräucherung im Stile “Ich wäre sowieso der Bessere gewesen!”
Es wirkte geradezu entspannt, wie sich die beiden Wahlkämpfer auf die Inhalte konzentrieren konnten. Sie mussten sich weder als Kanzler-Figuren aufblasen, noch standen sie unter dem Druck, das jeweilige Gegenüber zu demontieren. Das alles war daher recht angenehm und unaufgeregt.

Auch in dieser Diskussion fiel wieder auf, wie klar und kompetent Habeck die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der GRÜNEN darstellen und begründen kann. Man merkt einfach, dass hier tatsächlich ein in sich stimmiges Konzept erarbeitet wurde, während die Union auf altbewährte Plattitüden zurückgreift: die Marktkräfte würden es schon richten, wenn man nur (Steuer-)Belastungen und Gängelungen vermeiden und so dem Wachstum freien Lauf lassen würde. Es wundert wirklich, dass man sich traut, dies als zeitgemäße Antwort auf die riesigen Anforderungen von Modernisierung und Nachhaltigkeits-Umsteuerung anzubieten.
Gekonnt war auch der Hinweis von Habeck auf den Skandal der Steuerschlupflöcher und das international kritisierte Problem der Geldwäsche in Deutschland.

Sagen wir es mal so: Man hat bei dieser Debatte weder Baerbock noch Laschet wirklich vermisst. Ein Ersatz für die Trielle der realen Kandidaten war sie aber sicher nicht – dafür hat die “dritte Kraft” (SPD) inzwischen zu eindeutig mit ins Rennen gebracht.

Merz gegen Habeck über Klima und Wirtschaft

Manchmal schaffen es ja Talkshows, mehr als einen Ort für den Austausch bekannter Sprechblasen zu liefern. Gestern war es bei Maybrit Illner mal wieder so weit.

Aus meiner Sicht ist es Habeck mit überraschender Klarheit gelungen, den ach so hochgelobten Wirtschaftsexperten der CDU ziemlich blass aussehen zu lassen. Merz hatte dem Transformationskonzept der GRÜNEN inhaltlich nichts Greifbares entgegenzusetzen.
Unaufgeregt und sachlich begründete Habeck, warum das geplante (und auch mit neuen Schulden finanzierte) Investitionsprogramm und die Anstoß-Unterstützung der Wirtschaft für die Nachhaltigkeitswende nicht nur (ökologisch) notwendig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll wäre. Der dazugeschaltete Wirtschaftsfachmann konnte nur noch zustimmen.

Es erwies sich (für mich) einmal mehr, dass die wahren Ideologen diejenigen sind, die bestehende Rahmenbedingungen als quasi “naturgegeben” betrachten und mit ihren pauschalen Unterstellungen (man würde das Land in eine “Staatswirtschaft” treiben) eigentlich nur ihr antiquiertes Weltbild und bestimmte Klientel-Interessen schützen wollen.

Die Diskussion nahm zeitweise fast absurde Züge an, da Habeck letztlich begründete, warum sein Modell langfristig zu mehr Wachstum und weniger Schulden führen würde.
Man mache sich das klar: Soweit geht der Realitätsbezug der GRÜNEN inzwischen, dass sie neben allem anderen auch noch das logischere Modell zur Erhaltung des (nicht nur geliebten) Wirtschaftssystems liefern.

Selbst wenn man an all dem zweifelt: Eine Alternative konnte Merz nicht liefern! Geradezu “nackt” an Vorschlägen verwies er auf den heiligen Gral des Ausschlusses von Steuererhöhungen – bei gleichzeitiger Schuldenvermeidung und Anerkennung von Investitionsnotwendigkeiten.
Das ist wahrhaft mutige Politik: Die Zukunft muss gemeistert werden – aber keiner soll es merken und der (letztlich willkürlich definierten) liberalen Marktlogik soll es auch folgen.
Dieser Partei darf man die Zukunft unseres Landes wirklich nicht anvertrauen.

“Die GRÜNEN sind auch nicht besser….”

Es ist nachvollziehbar, dass das Klima-Programm der GRÜNEN kritisiert wird. Es gibt viele Menschen, denen die (vergleichsweise konkreten) Vorschläge und Forderungen der traditionellen Öko-Partei zu weit gehen. Gründe dafür können sein: die Sorge vor persönlichem oder gesellschaftlichem Wohlstandsverlust; der grundsätzliche Zweifel an der Notwendigkeit eines konsequenten Umsteuerns; die Weigerung, über eine Veränderung des individuellen Lebensstils auch nur nachzudenken; die Überzeugung, dass unsere Entscheidungen sowieso keinen Einfluss hätten (weil wir so ein kleine Land seien oder es sowieso schon zu spät sei).
Soweit hinter diesen Meinungen Argumente stehen, sind diese zwar längst widerlegt – aber das ändert ja erstmal nichts. Die logische Konsequenz wäre auf jeden Fall, die Klima-Politik der GRÜNEN abzulehnen.

Eine zweite Gruppe von Kritikern steht auf der anderen Seite: Sie werfen den GRÜNEN vor, dass ihre Forderungen – angesichts der Dramatik der Klimakatastrophe – viel zu “weichgespült” seien: So würden “echte” Zumutungen (Verbote und Verzicht) vermieden und insgesamt der Eindruck erweckt, dass eine intelligente und innovative Transformation innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems möglich wäre – wenn nur der notwendige Rahmen (Ziele und Vorgaben) gesetzt und zielgerichtete Investitionen auf den Weg gebracht würden.
Viele Wissenschaftlerinnen und Aktivisten wünschen sich tatsächlich noch radikalere und kurzfristigere Maßnahmen, als sie das Wahlprogramm der GRÜNEN enthält.

Nur – kann es für diese zweite Kritikerszene wirklich einen nachvollziehbaren Grund geben, jetzt nicht wenigstens ein paar Schritte in die gewünschte und notwendige Richtung zu gehen? Glaubt wirklich jemand, durch eine Schwächung der GRÜNEN die Klimarettung zu beschleunigen? Wie soll das gehen? Durch eine Weltrevolution?

Also hört bitte auf, vor der Wahl Stimmung gegen die GRÜNEN zu machen. Später könnt ihr sie immer noch wegen ihrer Kompromisse kritisieren.

Wahlkampf für 60+

Der aktuelle Werbespot der GRÜNEN wird sehr kontrovers diskutiert. Er soll mit einer Umdichtung von “Kein schöner Land” die interessante Wählergruppe der Senioren und Seniorinnen ansprechen.

Fast zeitgleich wird der Tod des 80-jährigen Stones-Drummers betrauert – von genau der Generation, die angeblich Volkslieder von 1840 braucht,  um die (vermeintliche) kulturelle Distanz zu den GRÜNEN zu überwinden.

Wie jung (oder ahnungslos) muss man als Wahlkampfteam sein, wenn man solche inneren Bilder für die Menschen hat, die ihre Jugend in den 60-iger oder 70-iger Jahren verlebt haben?

Annalena Baerbock in Bochum

Der Himmel war gnädig und zeigte blaue Abschnitte, als sich heute ein paar hundert Leute vor dem Bergbaumuseum versammelten. Das Wetter passte zur Stimmung: das freundlich zugewandte Interesse erfasste schon die Sprecher/innen des Vorprogramms bzw. die lokale Mini-Band. Die Sicherheitsmaßnahmen waren kaum wahrzunehmen, Störer traten nicht in Erscheinung, man war unter sich.
Annalena (so wie sie ja in diesen Kreisen genannt und angesprochen wird) war sichtlich entspannt und gut gelaunt.

Der grüne Wahlkampftross war ja gerade gestartet (gestern in Hildesheim), am 25.09. werden es dann 100 Auftritte gewesen sein, die – überwiegend im Duett – abgeleistet wurden. Bochum gehörte also eindeutig in die Phase des Aufwärmens.

Die GRÜNE Kandidatin ist keine Lichtgestalt, sie ist keine charismatische Persönlichkeit. Es schleichen sich immer wieder kleine Versprecher ein. Sie wirkt aber motiviert und kämpferisch – keineswegs verzagt oder gar resignativ.
Annalenas Stärke liegt in der Übereinstimmung von inhaltlicher Botschaft und persönlichem Auftreten: Einer lebendig und locker wirkenden Frau der mittleren Generation nimmt man die Message von Aufbruch und Umsteuern einfach sehr viel eher ab als den seit Jahrzehnten bekannten und verbrauchten Politik-Gesichtern. Diese Frau muss niemanden davon überzeugen, dass sie die von ihr verkündeten Ziele tatsächlich anstrebt.
Warum sollte sie nicht in genau der Gesellschaft leben wollen, die im GRÜNEN Wahlprogramm schon recht konkret beschrieben wird? Als Person verkörpert sie diese Gesellschaft ja schon längst! Von welchem Spitzenpolitiker der anderen Parteien ließe sich das hinsichtlich der anstehenden Transformations-Aufgaben ohne Zögern sagen?

Die wesentlichen Themen werden routiniert und ohne besondere Überraschungen abgearbeitet. Natürlich fehlt der Bezug zum Ruhrpott und den hier geleisteten Veränderungsprozessen nicht.
Annalena erwähnt ihre Einbettung in das Team der GRÜNEN Partei und in eine weitergehende gesellschaftliche Aufbruchstimmung. Schade nur, dass ihr der Name Robert Habeck während ihres gesamten Auftritts nicht von den Lippen kommt – aus meiner Sicht die einzige Schwäche ihres Auftritts.

Persönlich punkten kann Annalena in der Fragerunde am Abschluss: Es wirkt geradezu spontan, wie sie die Bühne verlässt und sich in den abgegrenzten Raum der (wohl vorher ausgewählten bzw. kontrollierten) sitzenden Zuschauer begibt. Dialog auf Augenhöhe ist die Botschaft: “Ich bin eine von euch!”

Ich bin nach dieser Erfahrung noch motivierter, ein ganz klein wenig dazu beizutragen, dass die von Annalena repräsentierte Strömung eine maßgebliche Rolle in der nächsten Regierung spielen kann. Wer die GRÜNE Spitzenkandidatin wählt, bekommt auch Robert Habeck und erhöht die Sicherheit, dass keine Koalition ohne diese Partei gebildet werden kann.

Den Wahlkampf einstellen?

Konzentrieren wir uns mal auf drei Facetten der Wirklichkeit:
1) Auf die weltweiten Extrem-Wetter-Ereignisse der letzten Wochen
2) Auf den heute veröffentlichten, extrem alarmierenden Bericht des Weltklimarates
3) Auf die Tatsache, das nur die GRÜNEN einen wirklich ernstzunehmenden, kurzfristig wirkenden Aktionsplan zur Begrenzung des weiteren CO2-Ausstoßes haben

Auf dieser Grundlage stellt sich die Frage: Wozu noch einen wochenlangen Wahlkampf führen? Was gibt es noch zu entscheiden? Welche Alternativen sind denn vorhanden? Was muss noch abgewogen werden?
Also: Schluss mit dem Wahlkampf; es ist doch alles so total eindeutig!

(Ich gebe zu, dass dieses ironisch-zugespitzte Statement von vielen als extrem polemisch empfunden werden könnte. Ich höre schon die Vorwürfe, dass solche “platten” Sätzen eine unzulässige Verkürzung der komplexen Gesamtlage beinhalten würden.
Natürlich meine ich es nicht wörtlich; natürlich muss der Wahlkampf weiter gehen. Aber ich meine es inhaltlich genau so eindeutig.
Meine Einladung an euch: Lasst uns in fünf oder zehn Jahren nochmal darüber sprechen, wer die Zeichen (und Notwendigkeiten) der Zeit klarer erkannt hat: die Abwiegler, Kompromissler und Aufschieber – oder die Menschen, die jetzt für klare und konsequente Umsteuerung kämpfen. Seid ihr bei der Auswertung dabei?)