
Ein bemerkenswertes Buch, das auf einer sehr kreativen und emotional anschlussfähigen Grundidee fußt: Eine Gruppe von Astronauten (beiderlei Geschlechts und unterschiedlicher Herkunft) umrundet in der internationalen Raumstation viele Male unseren Planeten auf jeweils leicht verschobenen Bahnen.
Geschildert wird – dicht verwoben in einem Erzählteppich – sowohl der soziale und wissenschaftliche Alltag der Crew, als auch persönliche Reflexionen der Beteiligten. Diese Betrachtungen aus der Innenwelt beziehen sich wiederum einerseits auf die Wahrnehmung und das Erleben der spektakulären Aussicht auf die wechselvollen Tag- und Nachtperspektiven. Darüber hinaus entstehen aus den jeweiligen geografischen Verortungen der Beteiligten Einblicke in die individuellen Lebenssituationen – auch hinsichtlich der biografischen Wurzeln und bedeutsamer Angehöriger, die dort “unten” warten, lieben oder sterben.
Die Umlaufbahnen strukturieren nicht nur das Leben und Arbeiten der Astronauten, sondern auch den inneren Rhythmus dieses Textes. Alles ist eingebettet in und wird getragen von den Bahnen, die – aufgrund der Eigengeschwindigkeit des künstlichen Trabanten – in dem künstlich beibehaltenen 24-Stunden-Ablauf insgesamt 16 Wechsel zwischen Tag und Nacht umfassen.
Dieses beeindruckende Schauspiel wird immer wieder sprachgewaltig beschrieben, in immer wieder neuen Facetten und Nuancen. Gelegentlich spürt man die Grenze zur Redundanz – das bleiben aber kurze Momente. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch ein mächtiger Sturm, der aus der Außen- und Innenperspektive beschrieben wird.
Die studierte englische Philosophin hat einen tiefgründiger Text verfasst, voller menschlicher Perspektiven und emotionaler Intensitäten. Es sind keine programmierten Automaten, sondern fühlende Wesen, die dort auf engstem Raum in einem Gemisch aus individueller und gemeinschaftlicher Identität ihren extrem ungewöhnlichen Alltag teilen. Sie sind sich einerseits ihrem Ausnahmestatus bewusst und müssen doch auch die banalsten Routinen bewältigen. Sie befinden sich in einer extremen Außenposition und fühlen sich doch aufs Intensivste mit der biologischen und sozialen Heimat verbunden – vielleicht mehr als jemals zuvor. Gleichzeitig sind sie damit konfrontiert, dass eine parallele Mondmission ihre so besondere Situation zu relativieren droht.
HARVEY hat aus dieser einzigartigen Konstellation ein einfühlsames und anrührendes Leseerlebnis gebastelt – Umlaufbahn für Umlaufbahn…
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