03.02.2020

Ich werde heute mal ein wenig persönlich:

In ca. 30 Minuten werde ich so alt sein, wie es Udo Jürgens mal vor vielen Jahren besungen hat (die Zahl mit den zwei Sechsen).
Damals war das für mich (außer dass es natürlich nicht meine Art von Musik war) eine irgendwie skurrile, weit entfernt liegende Vorstellung, dass es in einem solchen “biblischen” Alter noch irgendeine Form von Aufbruchstimmung oder Lebensfreude geben könnte.
Ich dachte: “Na ja, da redet (singt) sich ein alter Mann das Altwerden schön. Vielleicht irgendwie anrührend – aber doch fern von jeglicher Realität.”

Nun höre ich zwar immer noch lieber den anderen Udo.
Aber die Idee, dass “noch längst nicht Schluss ist”, kommt mir nicht mehr so abwegig und fremd vor (wohl wissend, dass es dafür keinerlei Garantie geben kann).
So bin ich dann dankbar, dass dieser Gassenhauer tatsächlich noch eine persönliche Bedeutung für mich bekommen hat. Ich habe ihn – sozusagen – eingeholt.

Dass ich ihn (den Gassenhauer) deshalb morgen mal höre, halte ich doch für sehr unwahrscheinlich.
Obwohl ich inzwischen in einem “ehrenwerten Haus” wohne und manchmal auch “griechischen Wein” trinke.
(Ich gebe es ja zu: Auch dieser Udo gehört ein bisschen zur bundesdeutschen Kulturgeschichte….).

Ich begleite aber doch lieber Lindy bei “Ich mach mein Ding” auf dem Schlagzeug.

Jetzt sind es nur noch 5 Minuten…

02.02.2020

Danke, CSU!

Ich war schon ein wenig irritiert.
Habe ich doch in den letzten Monaten wiederholt den Modernisierungskurs der Söder-CSU respektvoll erwähnt und gar in dem CSU-Chef den Erfolg versprechensten Kanzler-Anwärter der CSU gesehen.

Das haben die in Bayern offenbar gespürt.
Und haben heute eine Kampagne gegen das drohende Tempolimit gestartet.
Mann wollte mal wieder die andere Seite bedienen.

Bitte, gerne! Ein bisschen gesunde Distanz zur CSU tut ja auch irgendwie gut…

Nur schade, dass es eine dringend notwendige Maßnahme verzögert.

“Neujahr” von Juli Zeh

Eine Autorin, an der man dranbleibt, wenn man sie einmal entdeckt hat und durch ihren Stil eingefangen wurde.

Neujahr ist vom Umfang fast ein Zwitter zwischen Kurzgeschichte und Roman. Man kann das Buch bequem in einem Rutsch durchlesen. Nichts für das Urlaubsschmökern.

Die Geschichte des jungen Familienvaters beginnt mit einem Fahrradausflug auf Lanzerote, wo er mit Frau und zwei Kindern ein Ferienhaus gemietet hat. Zu der Ebene der einsamen Fahrt selbst (die wegen Gegenwind und Anstieg eine Herausforderung darstellt) kommen zwei weitere Erzählebenen hinzu: die Betrachtung seiner aktuellen Lebens- und Beziehungssituation und – ausgelöst durch eine Zufallsbegegnung – ein Rückblick in eine bedeutsame Episode der eigenen Kindheit. Letztlich erweisen sich die aktualisierten Erinnerungen als eine Art Schlüssel zum Verständnis seiner persönlichen und gesundheitlichen Probleme. (Ich bleibe bewusst so vage, weil ich nicht spoilen möchte).

Wie lässt sich das Leseerlebnis beschreiben?
Juli Zeh schafft es wieder einmal sehr souverän, einen in die Geschichte hineinzuziehen. Insbesondere in die Geschichte in der Geschichte. Irgendwann ist man zwangsläufig emotional beteiligt und kann bestimmte Aspekte der Situation kaum aushalten.

Die Autorin entfaltet auf wenigen Seiten ein Szenario, in dem Stimmungen, Beziehungsdynamiken und existentielle Nöte spürbar werden. So wird aus Text bzw. Sprache eine Atmosphäre, etwas Erlebbares; der Zauber literarischer Erzählkunst.

So etwas wie eine Botschaft gibt es auch. Sie hat etwas mit der prägenden Kraft früherer (traumatisierender) Erfahrungen zu tun. In diesem Buch wird die Bürde einer solchen Hypothek spürbar.

Ein beeindruckendes Buch, das trotz der Kürze nachdrücklich unter die Haut geht.

31.01.2020

Fast geschafft! Fast jeden Tag im Januar 2020 einen – mehr oder wenigen kurzen – Blogbeitrag gepostet (mit nur einer Ausnahme).

Meine Schlussfolgerung:
Ich werde es wohl noch einen weiteren Monat versuchen. Ganz unabhängig davon, ob es überhaupt Menschen gibt, die sich zumindest halbwegs regelmäßig auf diese Seite verirren. Ich mache es für mich. Überwiegend…

30.01.2020

Interessierte Kreise wittern einen Skandal und arbeiten vermutlich schon an Verschwörungstheorien.

Worum geht es? Greta will die Markenrechte für Fridays for Future rechtlich sichern lassen. Greta also auf dem Weg zur Kapitalistin – gierig darauf, sich ihren Protest versilbern zu lassen?

Wer es ernsthaft für möglich hält, dass Greta oder ihre Familie das Risiko eingehen würden, die Glaubwürdigkeit ihres Engagements und der Bewegung insgesamt aufs Spiel zu setzen, der hat etwas nicht verstanden.

29.01.2020

Es gibt Meldungen, die glaubt man nicht.

So habe ich gestern gelesen, dass das Umweltministerium die Anzahl der Dienstflüge zwischen Bonn und Berlin im letzten Quartal im Vergleich zum Vorjahr ungefähr halbiert hat.

Okay, denke ich. Ein Anfang.

Dann kamen die Zahlen: Von knapp 1000 auf 429 Flüge. Von Beamten eines Ministeriums (“Umwelt”), in drei Monaten, im Jahre 2019.

Es gibt Meldungen, die glaubt man nicht….

“Das Café am Rande der Welt” von John Strelecky

Bewertung: 2 von 5.

Neulich ist das Nachfolge-Werk zu dem hier besprochenen Buch veröffentlicht worden. Ich nehme das mal zum Anlass, meine Meinung zu dem ersten Text zu sagen (den ich tatsächlich erst gestern gelesen habe).

Ich muss die Leser/innen dieser Rezension um etwas Geduld und Ausdauer bitten. Um meinen Anspruch – etwas halbwegs Fundiertes zu diesem Buch zu sagen – zu erfüllen, muss ich etwas ausholen.
Es  geht bei einem solchen Buch nämlich um verschiedene Ebenen, die bei der Betrachtung und Bewertung sinnvoller Weise unterschieden werden sollten. Sonst produziert eine solche Rezension – im schlimmsten Fall – nur ein undifferenziertes Gemisch, das weder dem Buch noch dessen – vielfach begeisterten Lesern –  gerecht werden würde.

Grundsätzlich stellt sich bei allen Büchern, die eine inhaltliche Botschaft vermitteln wollen, die Frage, ob man eher den Inhalt oder die schriftstellerische Leistung beurteilt. Je eher es um ein reines Sach-/Fachbuch geht, desto mehr tritt üblicherweise die (künstlerische) Form der Vermittlung in den Hintergrund.
Ich diesem Fall geht es um den Bereich der Lebenshilfe, konkret um grundlegende Sinnfragen, so dass die Ausgangslage sogar noch komplexer ist: Die vermittelte Botschaft ist kein „neutrales“ Wissen, sondern berührt existenzielle Fragen und Sehnsüchte, die natürlicherweise emotional hoch aufgeladen sind. So ein Buch überhaupt mit einem analytischen Blick zu betrachten, könnte daher von Menschen, die sich gerade auf den Weg zu einer „Selbstfindung“ gemacht haben, schon als eine Art Sakrileg empfunden werden.

Warum ich das alles schreibe? Mir ist wichtig, dass meine Meinung zu diesem Buch nicht verwechselt wird mit einer Aussage zu der grundlegenden „Message“ des Autors oder gar mit einer Bewertung der Motive  bzw. Ziele seiner riesigen Leserschaft fast überall auf der Welt.

Das kleine Büchlein, das nicht viel mehr als ein bis zwei Stunden Lesezeit erfordert, verpackt einige wenige „Lebensweisheiten“ in eine übersichtliche Rahmenhandlung. Der Protagonist verirrt sich bei einer Autofahrt in ein „Cafe am Ende der  Welt“ und bekommt dort nicht nur seinen leiblichen, sondern auch seinen spirituellen Hunger gestillt. Mit dem Unterschied, dass ihm seine Bedürfnisse nach Sinnfindung und erfülltem Leben erst durch einige Gesprächspartner in diesem Cafe offenbar werden. Nach einigen Stunden voller Denkanstößen, Selbstreflexion und Sich-Spüren geht er als ein „anderer“ wieder hinaus in sein Leben.

Viele Menschen hat das angesprochen und angerührt. Dieser Text war für sie offenbar der  – vielleicht lange ersehnte  – Anlass, einmal selbst darüber nachzudenken, was der (persönliche) Zweck ihrer Existenz sein könnte und warum diese innere Bestimmung sich nicht stärker auf das tatsächliche Alltagsleben auswirkt. Warum man stattdessen sein kostbares Leben mit sinnentleerter Arbeit oder in einer ewigen Konsumschleife füllt – vielleicht von der Hoffnung getragen, dass das „echte“ Leben dann irgendwann später stattfinden könnte.

Der Autor hatte offenbar ein Händchen dafür,  schwere Themen leicht und locker zu vermitteln. Er führt in geradezu homöopathischen Dosen an diese existentiellen Fragen heran und überwindet so ganz geschickt den Widerstand, den viele Menschen gegenüber potentiell irritierenden Fragestellungen haben. Es geht ganz leise und sanft zu; niemand wird zu etwas gezwungen; es werden nur Fragen gestellt und Anregungen gegeben. Es tut nicht weh – es kribbelt nur ein wenig…

Damit hat der Autor also offenbar alles richtig gemacht.
Also ein tolles Buch, für jedermann/-frau zu empfehlen?

Dem würde ich dann doch widersprechen!
Jeder – also wirklich jeder – der sich irgendwann in seinem Leben schon mal mit Sinnfragen beschäftigt und dazu schon einmal etwas gelesen hat, kennt die in diesem Buch gestellten Fragen und auch das eingewebte Gleichnis vom Fischer, der doch eigentlich schon all das hat, was für andere das letztendliche Ziel eines Karriere-Strebens darstellt.
Ein bisschen entzieht sich das wirklich meinem Fassungsvermögen, dass dieser Autor mit diesem Buch einen solchen Erfolg einfahren konnte. So eine Geschichte könnte man im Prinzip in wenigen Tagen niederschreiben; sie erfordert keinen Aufwand bzgl. inhaltlicher Recherche, Ausgestaltung von Figuren oder Entwurf eines Plots. Die vorgestellten Inhalte – so wesentlich und grundlegend sie auch sein möglich – findet man in jedem besinnlichen Kalender oder als Sinnspruch auf diversen Postkarten.

Wenn ihr euch selbst oder einem Mitmenschen mit diesem Buch eine Freude machen wollt, dann stellt euch bitte folgende Frage: „Soll es wirklich um eine erste Annäherung an eine solche Form von Selbstreflexion gehen, also um einen absoluten Einstieg?“
Wenn ihr diese Frage guten Gewissens bejahen könnte, ist das Buch sicher einen Versuch wert. In allen anderen Fällen ist das Risiko einer Unterforderung doch recht hoch!

Auch wenn ich mich sehr wundere, dass dieses Büchlein so erfolgreich war, freue ich mich über und für jeden Menschen, der nach dem Lesen ein etwas bewussteres Leben führt.

27.01.2020

Es ist wirklich lobenswert, dass es in Deutschland (zumindest im offiziellen) seit längerer Zeit eine angemessene Erinnerungskultur gibt. Im Vergleich zu unserer historischen Last, auf die am heutigen Tage (Befreiungstag des Ausschwitz-Lagers) mit gutem Grund hingewiesen wurde, ist das allerdings nur ein winziger Beitrag – aber immerhin.

Doch gleichzeitig ist etwas anderes gruselig: Zu einem Zeitpunkt, in der die allerletzten lebenden Vertreter der Täter-Generation längst weit weg von irgendwelchen Machtpositionen sind und sich die Frage einer biografischen Verstrickung für niemanden mehr stellt – zu dieser Zeit wird es für einen steigenden Prozentsatz unserer Mitbürger offenbar “schick”, die Untaten und deren zugrunde liegenden Haltungen und Ideologien zu verharmlosen (oder im Extremfall sogar zu rechtfertigen).

Wie kann – so frage ich mich – in einer Gesellschaft, die schon ein ganzes Menschenleben lang privilegiert in Friede, Demokratie und Wohlstand lebt, ein so erschreckend großer Bodensatz von Menschenverachtung entstehen (oder erhalten bleiben)?
Wie kann man nach dem Holocaust als Deutscher auf die Idee kommen, eine neue antisemitische Haltung zu entwickeln. Ich frage mich – auch als Psychologe – ganz ernsthaft, wie so etwas überhaupt funktionieren kann. Wie kommt man auf den Gedanken, ausgerechnet Juden (wieder) als Feinde wahrzunehmen und bekämpfen zu wollen?

Vielleicht bin ich an diesem Punkt wirklich zu naiv. Meine Vorstellung von menschlicher Vernunft und Emotionalität lässt mich hier im Stich.

Eigentlich habe ich nur eine Erklärung: Ist es vielleicht die Suche nach dem größtmöglichen Tabubruch, nach der extremsten Provokation? Schafft es einfach die größte Befriedigung (und Aufmerksamkeit), an der schmerzhaftesten Wunde der Deutschen Identität zu kratzen?
Aber warum tun das ausgerechnet diejenigen, die sich die sich dem Nationalstolz verschreiben? Sie wollen ja nicht “die Deutschen” provozieren, sondern das verhasste links-grün-liberale Establishment davonjagen. Sie erleben gar keinen Widerspruch zwischen deutscher Identität und Judenhass.

Ich komme hier nicht weiter. Vielleicht ist heute auch eher ein Tag der Scham und der Trauer – und nicht des Denkens und Erklärens…

26.01.2020

Verkehrte Welt:

Unser Verkehrsminister (u.a. für CO2-Verminderung und Sicherheit verantwortlich) greift den ADAC (größter Lobbyverein der Autofahrer) an, weil dieser sich nicht mehr vorbehaltlos gegen ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen positionieren will.

So saust das gesellschaftliche Bewusstsein schwungvoll an dem zuständigen Spitzenpolitiker vorbei. Geradezu mit unbegrenzter Geschwindigkeit….